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Micha

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Montag, 20. April 2015, 12:12

Sucht bei Online-Glücksspielen: Jugend zockt

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Poker, Sportwetten, Glücksspiele: Viele Jugendliche zocken online. Psychologen sind alarmiert, denn die Zahl der Spielsüchtigen steigt - zunehmend geraten auch Mädchen in den Strudel der Sucht.

Bei der ersten Spielwette wollte er es nur mal ausprobieren. Nach dem Fußballtraining setzte Marco* mit Freunden bei einer Online-Plattform für Sportwetten auf den Sieg des eigenen Vereins in der A-Jugend der Bundesliga. Marco gewann mit fünf Euro Einsatz.

Aus den Gelegenheitswetten wurde mehr. Der 16-Jährige begann am Abend die Spiellisten auf den Online-Spielplattformen zu durchforsten und setzte mal fünf, mal zehn Euro auch auf andere Vereine. Der höchste Gewinn brachte ihm auf einen Schlag 2000 Euro. Er steigerte die Einsätze auf bis zu 200 Euro.

Doch dann kamen auch Verluste, die sich schnell anhäuften. "Ich hatte keine Kontrolle mehr", erzählt der heute 21-jährige Lehramtsstudent, der kein Wettbüro mehr betritt und auch online abstinent ist. Doch es gab Zeiten, in denen Marco das Konto seiner Mutter plünderte, um Wettschulden zu bezahlen - oder noch einmal wetten zu können. Ein Teufelskreis.

Leichter Zugang und Selbstüberschätzung
"Jugendliche hoffen, schnell viel Geld zu machen", sagt Klaus Wölfling, psychologischer Leiter der Ambulanz für Spielsucht am Universitätsklinikum in Mainz. Marco kam zu ihm, als die Spielschulden zu hoch wurden und seine Mutter Druck machte. "Die Spieler sind oftmals minderjährig. Und es kommen auch immer mehr Mädchen zu uns."

Der Online-Zugang ist einfach: Über das Handy kann immer und überall gepokert oder gewettet werden. Leider überschätzten Jugendliche ihre Gewinnchancen, sagt Wölfling, und kämen schnell ins "Chasing", unter Experten ein Ausdruck dafür, Verluste durch Gewinne ausgleichen zu wollen.

Laut den Ergebnissen einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) aus dem Jahr 2013 liegt die Zahl der 18- bis 20-Jährigen unter den Spielern bei 70 Prozent. Knapp 10 Prozent der männlichen Jugendlichen insgesamt zeigen demnach ein krankhaftes Suchtverhalten. Wölfling schätzt, dass die Dunkelziffer jedoch hoch ist, weil man den Zugang zu Internetspielen nur schwer kontrollieren kann. Bei den 16- bis 17-Jährigen hat der Studie zufolge knapp die Hälfte mindestens einmal an einem Glücksspiel teilgenommen, rund ein Prozent von ihnen spielen "pathologisch", also mit einem Suchtverhalten.

Betroffene in allen Gesellschaftsschichten
Häufig beginnt die Sucht demnach am Spielautomaten. "Gerade in ländlichen Gegenden sind Spielhallen ein Treffpunkt für Jugendliche", sagt Wölfling. Entgegen der Behauptungen vieler Studien, wonach Betroffene überwiegend aus Familien mit Migrationshintergrund stammten, behandelt der Psychologe Patienten aus allen sozialen Schichten.

In einer sogenannten Psychoedukation leitet das Team um Wölfling die Jugendlichen an, ein Tagebuch über ihren Alltag zu führen und aufzuschreiben, wann der Spieldruck besonders hoch ist. "Sie leiden oftmals unter Stimmungswechsel", so der Psychologe. Sie könnten schlecht mit Stress umgehen und hätten Angst, aufzufallen oder sich vor ihren Klassenkameraden zu blamieren.

Marco, der ebenfalls aus der gehobenen Mittelschicht stammt, fing mit 16 Jahren an zu spielen. "Im Fußballverein war das normal", erzählt er. Mit 19 Jahren schaffte er es zum ersten Mal mit dem Spielen aufzuhören. Er machte sein Abitur, wurde wieder rückfällig und meldete sich dann für einen Therapieplatz in Wölflings Team an. Lange musste er darauf warten und fährt nun jeden Montag 80 Kilometer von Limburg nach Mainz.

Ein Problem: Die Glücksspielsucht ist nicht klar definiert. "Die Spielhäufigkeit als Kriterium, einen pathologischen Zocker zu bestimmen, ist nicht hinreichend ", sagt Tobias Hayer, Psychologe an der Universität Bremen, der sich mit der Spielsucht bei Jugendlichen beschäftigt.

"Anfangs habe ich meine Freunde beeindrucken wollen", sagt Marco. Es sei cool gewesen, mit den Gewinnen prahlen zu können. Doch über die Jahre habe er mehr als 10.000 Euro auf diese Weise verloren. Eigentlich sind Jugendliche vom Gesetz geschützt. Aber der Glücksspielforscher Hayer klagt über mangelnde oder zu lasche Kontrollen: "Wie beim Kauf von Alkohol gibt es sie leider nicht immer."

Der Staat schaffe sich seine Süchtigen selbst, sagt auch der Psychologe Wölfling. "In Rheinland-Pfalz gehen die Steuern aus den Einnahmen der Spielhallen und Casinos direkt an die Kommunen." Das Interesse sei daher gering, die Quelle für die Spielsucht abzuschaffen.

Angesichts der wachsenden Problematik werden in den Bundesländern Fachstellen eingerichtet. In Bayern etwa hat die Aktion Jugendschutz das interaktive Browsergame "Spielfieber" entwickelt, in Berlin geht das Projekt "GameR Over" in die Schulen.

Die Beratungsstellen gehen auch in Vereine, um aufzuklären. "Allein die Mitgliedschaft in einem Sportverein erhöht das Risiko für eine Glücksspielproblematik", sagt Hayer. Er habe schon Situationen erlebt, in denen die Trainer das Geld für Sportwetten eingesammelt hätten.

Marco ist seit einem Jahr in der Therapiegruppe, hat eine klare Zielvereinbarung mit seinem betreuenden Arzt und hofft, die Behandlung nach insgesamt vierzig Wochen im Sommer erfolgreich abschließen zu können. "Ich will nach vorne schauen", sagt er.

*Name von der Redaktion geändert

Zusammengefasst: Zocker hoffen, mit Online-Glücksspielen schnell viel Geld zu machen. Das Problem: Die Anzahl minderjähriger Spieler nimmt zu. Ein Grund sind die laschen Kontrollen. Immer häufiger müssen Psychologen junge Spielsüchtige behandeln.

KONTROLLE IN SPIELHALLEN
Zwar verbietet in Deutschland der §6 des Jugendschutzgesetzes das Glücksspiel für Jugendliche, doch im Alltag sollen Gastwirte und Spielhallenbetreiber an ihre Pflicht zur Kontrolle erinnert werden. Dazu hat das Bundesfamilienministerium mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz (BAJ) das Faltblatt "Glücksspiel: Nix für Jugendliche" herausgegeben und verteilt es regelmäßig in Spielhallen und in der Gastronomie.

Manche Glücksspielanbieter betreiben auch die Flucht nach vorn. Sie erklären Standards zu Sicherheit und Verantwortung im Glücksspiel und vermarkten dies unter dem eingängigen Slogan "Responsible Gaming". Durch Aufklärung wollen sie größeren Schaden abwenden. So erörtern sie beispielsweise, dass man unseriöse Spielanbieter an überraschenden Gewinnankündigungen erkennen kann oder wenn Spielanbieter telefonisch ihre Kontodaten einholen möchten oder vorab Gebühren verlangen.

Das ist alarmierend und es sollte dringend und zwingend etwas dagegen getan werden.
Mich wundert es sehr, dass der Gesetzgeber bisher so dermaßen locker mit dieser üblen Geschichte umgeht.
Wer einmal in dieser Spirale der (Spiel)-Sucht gefangen ist, kommt so schnell nicht mehr heraus. Das ist schon seit langem erwiesen und es gibt auch genügend Negativbeispiele.

Eine erste und sinnvolle Maßnahme wäre es, dass Werbung für Glücksspiele und Wetten verboten wird.
Signatur von »Micha«
carpe diem, quam minimum credula postero

Sparer

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Registrierungsdatum: 13. Dezember 2016

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Montag, 19. Dezember 2016, 10:05

Ich finde es erschreckend, wie schnell man süchtig werden kann. Vor allem auch jüngere Leute sind gefährdet. Aber es ist doch auch kein Wunder, denn im Internet scheint, doch auch wirklich alles möglich. Während man in einem richtigen Casino nicht einfach so ohne Ausweis hineinkommt, kann man doch schnell im Netz sich auf Wettseiten anmelden und wer sollte wirklich überprüfen können, wie alt der User ist, der dort vor dem PC sitzt. Ich denke, da sind vor allem die Eltern gefragt! Man kann sein Kind nicht so einfach alles im Internet tun und machen lassen, was sie wollen. Dafür ist es einfach zu gefährlich.
Signatur von »Sparer« "Sparen ist die richtige Mitte, zwischen Geiz und Verschwendung."

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